*Dieser Beitrag wurde automatisch übernommen und ist keine Veröffentlichung der LAK Bremen.*
Im Folgenden nimmt der fzs, wie durch das BMBF aufgefordert, zum Entwurf des „Heizkostenzuschussgesetz“ Stellung. Als bundesweite Studierendenvertretung begrüßen wir ausdrücklich, dass seitens des Gesetzgebers mit dem Heizkostenzuschussgesetz ein Instrument zur Abmilderung von Nebenkosten-bezogener Härten für Personen aus sozio-ökonomisch schlechter gestellten Einkommensschichten geschaffen wird und hierbei auch Studierende mitgedacht sind.
§1 Zielgruppe
Aus dem Entwurf ist zu entnehmen, dass als Zielgruppe ‚einkommensschwächere Haushalte‘ benannt werden, wobei hierunter gemäß §1 Empfänger*innen von Wohngeld sowie Beziehende nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz und dem Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetz gefasst werden. Entsprechend ist der Anspruch auf den einmaligen Heizkostenzuschuss, damit die Anspruchsberechtigung, auf jenen Personenkreis begrenzt. In Bezug auf Studierende greift die definierte Gruppe Anspruchsberechtigter jedoch zu kurz, wenn das Instrument einkommensschwächere Studierende im Allgemeinen stützen möchte.
Wie allgemein bekannt, erreicht das BAföG aktuell nicht einmal mehr 11% der Studierende, während gleichzeitig mindestens 100.000 Studierende aufgrund Pandemie-bedingter Notlagen durch die Überbrückungshilfe des Bundes gefördert wurden,[1] und allein im März 2021 140.000 weitere Anträge bedürftiger Studierender abgelehnt wurden,[2] weil ihre Notlage schon vor der Pandemie bestand. Hierzu ist generell anzumerken, dass eine möglichst schnelle Umsetzung eines BAföG-Notfall-Mechanismus und einer umfassenden BAföG-Reform sinnvoll wäre, um die Härten jener Studierenden abzumildern, die akut von struktureller Armut betroffen sind und trotzdem durch die sozialen Sicherungssysteme fallen, da das eigentliche Problem ja darin besteht, dass Personen aktuell nicht BAföG-berechtigt und damit auch nicht Heizkosten-Zuschuss berechtigt sind, die es eigentlich schon gemäß der Definition der deutschen Armutsgefährdungsschwelle sein sollten. Würde zumindest der Notfall-Mechanismus schon bestehen oder die Überbrückungshilfe aktuell fortgesetzt, könnte ein Teil der aktuell durch den vorliegenden Gesetzesentwurf nicht ergriffenen bedürftigen Studierenden immerhin dadurch automatisch als anspruchsberechtigt gemäß §1 Abs. 2 gelten.
Der Kreis der Anspruchsberechtigten wird zudem dadurch verengt, dass nur Personen, die nicht bei den Eltern wohnen, anspruchsberechtigt sind. Dies ist vor dem Hintergrund zu hinterfragen, dass zu Hause wohnende Studierende sich einerseits oftmals an anfallenden Wohnkosten beteiligen und selbst bei einer nicht gegebenen Beteiligung die Eltern von gestiegenen Nebenkosten betroffen sind. Folglich sollte sich dies entweder im Anspruch auf die Heizkostenpauschale niederschlagen oder aber bei der Berechnungsgrundlage des individuellen BAföG-Satzes durch eine entsprechende Berücksichtigung im Elternfreibetrag, wobei ersteres im Sinne der Einmaligkeit des Zuschusses ökonomisch und in der Verwaltung effizienter erscheint.
Daneben ist anzumerken, dass die Gruppe der Beziehenden des Schüler*innen-BAföG und der Berufsausbildungsbeihilfe nicht eingeschlossen sind.
Insgesamt ist der vorgelegte Gesetzesentwurf zwar grundsätzlich zu begrüßen, jedoch ist hinsichtlich der Treffsicherheit der Maßnahme zu konstatieren, dass er in der vorliegenden Form aufgrund der engen Zielgruppendefinition nicht alle aus der Hauptintention heraus gemeinten Personen ‚einkommensschwächerer Haushalte‘ in Ausbildung ergreift.
§2 Höhe des Zuschusses
In Bezug auf die Höhe des Zuschusses, welche in §2 ausdifferenziert wird, begrüßt der fzs, dass durch die Wahl eines pauschalisierten einfachen Masseverfahren der administrative Aufwand für alle Seiten auf ein Minimum beschränkt und hierdurch auch eine schnelle Auszahlung ermöglicht wird.
Für fraglich halten wir jedoch die angesetzte Höhe, deren Staffelung bei 175€ im Falle eines 1-Personen-Haushalts beginnt, da aus dem vorgelegten Entwurf nicht klar ersichtlich ist, wie sich diese berechnet. Gleichzeitig verweisen Verbraucherverbände wie der Deutsche Mieterbund darauf, dass sich 2021 die realen Mehrausgaben durchschnittlich um mindestens 215€ pro Jahr erhöht haben[3], und individuell abhängig von verschiedenen Faktoren wie der Art des Energieträgers und dem energetischen Zustand des Gebäudes ist, sowie auch aufgrund umweltbezogener Aspekte wie der Wahl von Öko-Strom, sogar noch höher liegen können.
Hieraus ergeben sich zwei mögliche Lösungen. Erstens, die Beibehaltung der Pauschalen-Logik, welche jedoch mindestens auf 215€ zu erhöhen wäre. Oder zweitens, die Orientierung an den realen Kostensteigerungen auf Individualbasis. Der fzs hat hierzu keine abschließende Meinung, tendiert jedoch zu der Beibehaltung der Pauschallösung aufgrund des deutlich geringeren Aufwandes für alle Beteiligten, verweist jedoch hierbei nachdrücklich auf den zu niedrig angesetzten Betrag in jenem Falle. Die Staffelung nach Haushaltsgröße ist zu begrüßen.
§3 Erhalt des Zuschusses
Zum Erhalt des Zuschusses ist gemäß §3 vorgesehen, dass Beziehende gemäß §1 Abs. 1 im Gegensatz zu Wohngeld-Beziehenden einen Antrag stellen müssen. Hierbei ist zu hinterfragen, weshalb dieser Antrag nötig ist und warum nur bei der Gruppe der Studierenden. Die Auszahlung der Leistung auch für Studierende automatisch durchzuführen, d.h. ohne separate Antragstellung, würde nicht nur für die Studierenden eine Vereinfachung darstellen, sondern auch den administrativen und damit ökonomischen Aufwand für die BAföG-Ämter verringern.
Hieran schließt an, dass in der Abwägung des Erfüllungsaufwandes zwar durchaus anfallende Mehrkosten für Länder und Kommunen berücksichtigt sind, jedoch in Bezug auf die Studierenden die Kosten für die BAföG-Ämter unberücksichtigt bleiben. Hier besteht Bedarf zur Nachbesserung, wobei als Lösung eine Handhabung ähnlich wie bei der Überbrückungshilfe für Studierende nahe liegt. Durch einen Wegfall des Antragsprinzip für BAföG-Beziehende gemäß §3 kann der Verwaltungsaufwand dabei gemindert werden, der sonst im Falle der Beibehaltung aufgrund der anfallenden Antragsüberprüfung personelle zeitliche Ressourcen nach sich zieht.
Zeitraum (In-Kraft und Außer-Kraft-Treten der Maßnahme)
Der kurzen Frist zur Stellungnahme entnehmen wir, dass in Bezug auf den Zeitraum das Gesetz möglichst zeitnah auf den Weg gebracht werden soll. Jedoch wundert uns der doch lange Zeitraum bis zum In-Kraft-Treten der Maßnahme, dies ist auf den 01.06.2022 gemäß des Entwurfes datiert. Angesichts dessen, dass der Kreis der Anspruchsberechtigten von finanzieller Prekarität betroffen ist und in den meisten Fällen nicht in der Lage sein dürfte, die erhöhten Nebenkosten selbst zu tragen, welche schon jetzt gemäß der gesetzlichen Fristen für die Nebenkostenabrechnung für den Miet-Zeitraum 2021 anfallen, erscheint eine Beschleunigung des Verfahrens notwendig. Um entsprechend der Intention des Gesetzesentwurf mögliche Härten zu mildern, sollte die Auszahlung deutlich früher ermöglicht werden.
Zudem ist anzunehmen, dass die Nebenkosten auch im Winter 2022/23 deutlich erhöht sein werden. Entsprechend könnte in Erwägung gezogen werden, das Gesetz präventiv schon jetzt auf den kommenden Winter zumindest vorbehaltlich über eine entsprechende Klausel auszudehnen, wobei das Außer-Kraft-Treten des Gesetzes zeitlich nach hinten verlagert werden müsste, um das Instrumentarium je nach Lage erneut und ohne die Erfordernis eines erneuten langwierigeren parlamentarischen Prozesses nutzen zu können. Dies wäre auch deshalb sinnvoll, weil das Gesetz zwar grundsätzlich auf den Winter 2021/22 abzielt, damit aber genau genommen zwei verschiedene Nebenkostenzeiträume (Jahr 2021 und Jahr 2022) und damit zwei verschiedene Nebenkostenabrechnungen (Ende 2021 und Ende 2022) umfasst.
Begrüßenswerte Aspekte nach §1, §2, §4, §5 und §6
Deutlich zu begrüßen ist, dass gemäß §1 die Anspruchsberechtigung schon ab einem Monat des Sozialleistungs-Bezug besteht, gemäß §2 eine Staffelung im Falle von weiteren Mitbewohner*innen vorgesehen ist, sowie gemäß §4 ein Verzicht auf Rückforderung, gemäß §5 die Erstattung von Leistungen über den Bund erfolgt und gemäß §6 eine Anrechnung bei anderen Sozialleistungen ausgeschlossen wird. Auch ist zu begrüßen, dass das Verfahren als einfaches Masseverfahren sowohl den Aufwand für Studierende als auch BAföG-Ämter insgesamt geringhält und dadurch auch eine schnelle Auszahlung prinzipiell ermöglicht.
Zusammenfassung
Zusammenfassend schätzen wir den Einbezug von Studierenden, als oftmals vergessene Gruppe während der Pandemie, innerhalb des vorliegenden Gesetzesentwurfes ausdrücklich. Dennoch sehen wir ein paar Verbesserungspotentiale und schlagen daher vor:
Die Ausweitung des Kreises der Anspruchsberechtigten oder eine ergänzende flankierende Maßnahme für bedürftige in Ausbildung befindliche Personen ohne Sozialleistungsbezug (in beiden Fällen bezieht sich dies auf bei den Eltern wohnende BAföG-Beziehende, Studierende in Notlage ohne BAföG-Anspruch, BAB-Beziehende, Beziehende des Schüler*innen-BAföG).Eine Anpassung der Förderhöhe an reale Bedarfe wie Sie beispielsweise durch den Deutschen Mieterbund ermittelt wurden.Eine antragsfreie automatisierte Auszahlung gleichsam der Wohngeld-Beziehenden, um den administrativen Aufwand für Studierende und BAföG-Ämter zu verringern.Berücksichtigung der entstehenden Mehrkosten der BAföG-Ämter, beispielsweise durch eine Aufwandspauschale ähnlich wie bei der Überbrückungshilfe.Vorverlegung des Starts des Beantragungszeitraumes und Ausdehnung des Instrumentes auf den Winter 2022/23, um der Logik von Endabrechnungs-Jahren gerecht zu werden.Sofortige Etablierung eines BAföG-Notfall-Mechanismus und schnellstmögliche Reformierung des BAföG, da dies einerseits Ursache dessen ist, warum gemäß des Entwurfes nicht die gesamte definierte Zielgruppe einkommensschwacher Haushalte unter Studierenden erreicht wird und überhaupt selbst bei Beanspruchung von Sozialleistungen zusätzliche finanzielle Härten mangels einer automatischen Anpassung der Bedarfsberechnung entstehen.
[1] https://www.bmbf.de/bmbf/shareddocs/kurzmeldungen/de/das-muessen-sie-jetzt-wissen.html
[2] https://www.tagesspiegel.de/wissen/fast-jeder-dritte-antrag-abgelehnt-studierende-beklagen-willkuer-bei-bewilligung-von-corona-hilfen/27059280.html
[3] https://www.mieterbund.de/fileadmin/public/Gesetze_Positionen/2022_01_12_Stellungnahme_DMB_Heizkostenzuschuss.pdf