*Dieser Beitrag wurde automatisch übernommen und ist keine Veröffentlichung der LAK Bremen.*
Im Folgenden nimmt der fzs zum Referentenentwurf des 27. BAföG-Änderungsgesetz Stellung. Als bundesweite Studierenden- vertretung begrüßen wir sehr, dass das Bundesbildungsministe-rium das BAföG so zeitnah angeht. Denn in den letzten Jahren wurde hier vieles versäumt und es gibt großen Nachholbedarf.
Leider werden die aktuellen Pläne des BMBF diesem großen Nachholbedarf nicht gerecht. Vielmehr bleiben die Pläne hinter den Erwartungen zurück und lassen sich in unseren Augen weniger als Reform und vielmehr als Novelle verstehen. Die strukturellen Änderungen, die im Koalitionsvertrag festgehalten wurden, werden bis auf die Erhöhung der Altersgrenze gänzlich außer Augen gelassen und die Anpassungen der Fördersätze und Freigrenzen gleichen nicht einmal die hohe Inflationsrate aus. Gerade angesichts der aktuell fast schon explodierenden Energie-preise braucht es daher unbedingt eine Anpassung des bisherigen Referentenentwurfs und eine höhere Steigerung der Bedarfssätze als bisher vorgesehen. Bisher sieht der Entwurf eine Erhöhung des Grundbetrags um 5%, eine Erhöhung des Mietkostenzuschuss um 10% als Anpassung der Beträge, die an die Studierenden angepasst werden vor.
Der Mietkostenzuschuss steigt damit auf 360€ monatlich. Im Durchschnitt zahlen Studierende allerdings schon heute 400-450€ Miete monatlich. Nicht wenige zahlen bis zu 100 oder 200€ im Monat mehr nur für ein WG-Zimmer. Besonders gilt dies für be-liebte Ballungsräume wie etwa München, Stuttgart, Berlin oder Hamburg. Diese Erhöhung halten wir daher für deutlich gering. Denn Studierende die BAföG beziehen müssen so auch nach der Novelle ihren Studienort nach dem Geldbeutel wählen. Freie Studienplatzwahl ist so nicht mehr gegeben, wenn bestimmte Studienorte schlicht zu teuer sind und daher nicht gewählt werden können auf Grund eines zu niedrigen BAföG-Satzes.
Diese Erhöhung des Mietkostenzuschuss wird im ersten Entwurf des BAföGÄndG als überproportional bezeichnet. Wir möchten an dieser Stelle darauf hinweisen, dass diese Erhöhung verglichen mit den Anhebungen des Mietkostenzuschuss im letzten BAföG- Änderungsgesetz keineswegs überproportional ist. Vielmehr war die letzte Erhöhung der Wohnkostenpauschale 2018 von 250€ auf 325€ höher als die nun geplante. Die Lücke zwischen realen Wohnkosten Studierender und der im BAföG angesetzten Wohn-kostenpauschale wird währenddessen immer größer.
Die Maximalfördersumme beläuft sich nach den geplanten Erhöhungen nach unseren Berechnungen auf etwa 987€ und bleibt damit weiterhin unter 1000€ monatlich. Berechnungen die wir im Rahmen der Kampagne „50 Jahre BAföG – (K)ein Grund zum feiern!“ veröffentlicht haben zeigen deutlich, dass das nicht genug zum Leben ist. Die für verschiedene Studierendenstädte berechneten monatlichen Ausgaben liegen zwischen 1000 und 1500 Euro im Monat und damit deutlich über den bisher geplanten neuen BAföG-Sätzen. Die konkreten Berechnungen sowie weitere Informationen zu der von einem großen Bündnis getragenen Kampagne und unseren konkreten Forderungen für die BAföG-Re-form finden Sie auf der Website des Bündnisses unter www.bafoeg50.de/bafoeg/
Mit unter 1000€ monatlich liegt der BAföG-Höchstsatz nach den aktuellen Plänen nicht nur unter dem tatsächlichen Bedarf, son-dern auch weiterhin unter der Armutsgrenze, die in Deutschland 2019 für Einzelpersonen bei 1074€ monatlich lag. Studierende die BAföG beziehen gelten also, selbst wenn sie den Höchstsatz erhalten, nach den offiziellen Statistiken als arm. Auch nach der geplanten Novelle. Das verdeutlicht unserer Ansicht nach erneut, wie groß die Diskrepanz zwischen dem was notwendig wäre und dem was tatsächlich geplant ist auch nach dieser Novelle bleiben wird.
Die Erhöhung des Elternfreibetrags um 20% halten wir hingegen für einen guten ersten Schritt, der ganz konkret für eine Anhebung der viel zu niedrigen Förderquote sorgen kann und bewerten diesen Reformschritt positiv. Diese 20% können aber nur ein Anfang sein. Denn Bildung darf nicht vom Einkommen der Eltern abhängen, weshalb auch Studienfinanzierung unserer Ansicht nach Elternunabhängig werden muss. Das Studierende ihre Eltern verklagen müssen, um BAföG zu erhalten, kann nicht gewollt sein und könnte durch die Elternunabhängigkeit überwunden werden. Ganz grundsätzlich ist an dieser Stelle auch wichtig darauf hinzuweisen, dass Studierende erwachsene Menschen sind, die unabhängig ihr Leben bestreiten können sollten, ohne auf ihre Eltern angewiesen zu sein. Ganz gleich für welchen Bildungsweg sie sich entscheiden.
Wir kritisieren des Weiteren, dass in der aktuellen Vorlage keine strukturellen Änderungen außer der Anhebung des Vermögens-freibetrags auf 45.000€ und die Anhebung der Altersgrenze auf 45 Jahre vorgenommen werden. Beide Schritte begrüßen wir, hätten aber andere Priorisierungen gesetzt, wenn nur einige wenige strukturelle Reformen im ersten Schritt angegangen werden können. Denn nur wenige Studierende haben 45.000€ Vermögen auf der Seite und die Erhöhung der Förderhöchstdauer oder die Absenkung des Darlehensanteils sind unserer Ansicht nach effektivere Maßnahmen um den Kreis der Geförderten zu erweitern.
Uns ist selbstverständlich bewusst, dass besonders strukturelle Än-derungen an einigen Stellen Zeit brauchen, um durchdacht umge-setzt werden zu können und schon von Beginn an hatte die Regie-rung kommuniziert, dass das BAföG in zwei Schritten reformiert werden soll. Dennoch sind wir der festen Überzeugung, dass auch in diesem Schritt viel mehr umgesetzt werden könnte und müsste und hätten uns angesichts der eklatanten Mängel mehr Reform-wille erhofft und kritisieren, dass diese Änderungen noch nicht an-gegangen wurden. Dazu gehören unter anderem folgende Punkte:
Eine Absenkung des Darlehensanteils und die Öffnung eines zinsfreien BAföG-Volldarlehens für alle StudierendenVerlängerung der FörderhöchstdauerEinführung einer Studienstarthilfe für Studierende aus Bedarfsgemeinschaften
Diese und weitere strukturellen Änderungen, die im Koalitionsvertrag festgehalten sind, halten wir wie bereits dargelegt für sehr wichtige Schritte, um die dringend notwendige Trendwende beim BAföG zu erreichen. Denn die Verschuldung beispielsweise, die mit dem BAföG einhergeht, schreckt viele von der Beantragung ab, weshalb wir nicht nur eine Absenkung des Darlehensanteils, sondern eine Rückkehr zum Vollzuschuss fordern. Auch ist die Regelstudienzeit schlicht nicht die Regel, weshalb eine Verlänge-rung der Förderhöchstdauer ebenfalls notwendige Anpassung an die Realität darstellt.
Wir fordern das Ministerium daher erneut dazu auf bei den bisherigen Plänen nachzubessern und die strukturellen Änderungen ebenfalls schnellstmöglich anzugehen und zeitnah einen Zeitplan vorzulegen, wann das zweite BAföG-Änderungs- gesetz dieser Legislatur kommen wird. Denn all diese Änderungen sind dringend nötig, um endlich wieder mehr Studierenden den Zugang zu einer BAföG-Förderung zu ermöglichen.