Stellungnahme 5. Hochschulrechtsänderungsgesetz BaWü

*Dieser Beitrag wurde automatisch übernommen und ist keine Veröffentlichung der LAK Bremen.*

Das Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg hat uns am 23. Mai anlässlich eines besonders umfangreichen Änderungsentwurfes hochschulrechtlicher Regelungen um eine Stellungnahme angefragt. Folgende Stellungnahme haben wir eingereicht. (Der zugehörige Gesetzesentwurf ist im Beteiligungsportal des Landes abrufbar.)

Verankerung von Weiterbildung als Aufgabe der Hochschulen in §2 LHG und Folgeregelungen

Grundsätzlich begrüßen wir die Verankerung neuer Möglichkeiten des lebenslangen Lernens an Hochschulen. Wir sehen in der aktuellen Lage die Öffnung von Hochschulen für Weiterbildung allerdings kritisch. Bereits jetzt ist die Haushaltslage wegen mangelhafter öffentlicher Grundfinanzierung an vielen Hochschulen enorm prekär. Eine zusätzliche Aufgabe stellt eine erhebliche Zusatzbelastung der Hochschulen dar. Ihre Umsetzung wird nicht kostenneutral leistbar, selbst wenn Gebühren erhoben werden. Insbesondere die Startphase wird eine deutliche Zusatzbelastung für wissenschaftliches und administratives Bestandspersonal darstellen, dessen Kapazitäten für die eigentlichen Hauptaufgaben der Hochschulen ohne Ersatz reduziert werden. Wir lehnen des weiteren Gebühren für wissenschaftliche Weiterbildungskurse ab. Bildung muss auch im Bereich lebenslanges Lernen frei für alle sein. Dabei beziehen wir uns ausdrücklich nicht auf Kurse, die spezifische Anforderungen aus der Wirtschaft vermitteln, diese haben an öffentlichen Hochschulen nichts zu suchen. Öffentliche Hochschulen sind keine Weiterbildungszentren für Unternehmen. Wir fordern die Landesregierung nachdrücklich auf, sicherzustellen, dass die Gesetzesänderung keinen Kapazitätsverlust der Hochschulen für ihre bisherigen Kernaufgaben, insbesondere die Lehre bedeutet.

Ansprechperson für Fragen im Zusammenhang mit sexueller Belästigung und für Antidiskriminierung (§4a LHG)

Wir begrüßen die explizite Aufnahme von antisemitischen Diskriminierungsgründen ausdrücklich. Wir weisen allerdings weiterhin darauf hin, dass die Ansprechperson dringend eine entsprechende professionelle Befähigung für ihre Tätigkeit benötigt. Eine solche Vorgabe fehlt weiterhin. Hochschulen müssen sich so nicht ernsthaft um die Umsetzung kümmern und die Wirksamkeit der Stelle wird erheblich eingeschränkt.

Rektoratsmitglieder (§16 LHG und folgende)

Die vorgeschlagenen Änderungen sind sinnvoll. Es ist schade, dass die Chance der Veränderung dieser Normen nicht genutzt wird, um den Weg für studentische Prorektor*innen zu ebnen, wie sie bereits in Brandenburg oder Mecklenburg-Vorpommern sehr erfolgreich existieren. Wir bitten die Landesregierung diese einfache Möglichkeit der Demokratisierung der Hochschulen zu prüfen.

DHBW Strukturreform

Generell begrüßen wir die Weiterentwicklung der DHBW. Die Umstrukturierung ist in einigen Teilen auch im Sinne des AStAs der DHBW. Wir schließen uns daher der Stellungnahme der DHBW bezogen auf die Änderungen an der DHBW grundsätzlich an, folgende Punkte möchten wir allerdings zu bedenken geben. Durch die Integration dualer Partner in Hochschulgremien und deren Bestellung pro Studienakademie an der eine Fakultät vertreten ist, ergeben sich enorm unterschiedliche Mehrheitsverhältnisse. Dies betrifft insbesondere nicht-professorale Statusgruppen. Gleichzeitig stellt sich auch die Frage, was es für die Hochschulautonomie bedeutet, wenn erhebliche Teile der Gremien mit externen besetzt sind. Die Einbindung dualer Partner ist selbstverständlich für die DHBW, es sollte allerdings geprüft werden, ob nicht ein mit noch festzustellenden Kompetenzen ausgestattetes, separates Gremium dafür besser geeignet wäre. Andernfalls sollten alle Mitgliedsgruppen nach Zahl der Studienakademien „dynamisiert“ werden.

Spitzenberufung (§48 1a LHG)

Der fzs spricht sich vehement gegen die hier vorgeschlagene Regelung aus, aus mehreren Gründen:

Berufungsverfahren dauern überall viel zu lange, einige wenige Spitzenberufungen werden daran nichts ändern. Profitieren werden so vor allem einige wenige, sehr gut vernetzte Professor*innen.

Die Regelung verkehrt die Logik einer Berufung, nach der der Normalfall ist, dass Hochschullehrer*innen unter Einbezug der anderen Statusgruppen ihre eigenen Kolleg*innnen wählen. Durch die vorgeschlagene Regelung liegt dieses Recht aber nicht durch Verzicht im Einzelfall bei dem*der Rektor*in, sondern diese*r kann per Beschluss jederzeit die normalen Wege umgehen. Das halten wir für inakzeptabel und letztlich einen Angriff auf die akademische Freiheit.

Die Frist zur Einspruchserhebung in ein bereits laufendes Spitzenberufungsverfahren ist vollkommen unrealistisch. Es ist nicht zu erwarten, dass ein oder gar mehrere Fakultätsräte innerhalb von 10 Werktagen in jedem Fall beschlussfähig zusammentreten können. De facto bedeutet diese Regelung, dass eine von Rektorat und Dekanat getroffene Entscheidung zur Spitzenberufung nicht gestoppt werden kann. Es ist zusätzlich nicht nachvollziehbar, warum durch das Kriterium einer durch Hochschullehrer*innen zustande gekommenen Mehrheit ein neues Mehrheitsmass eingeführt wird, das der Arbeitsweise des Fakultätsrats widerspricht. Nicht nur die Mitbestimmungsrechte der anderen Statusgruppen werden dadurch beschränkt, auch Hochschullehrende selbst werden noch mehr Schwierigkeiten haben, Mehrheiten zu finden. Dies betrifft insbesondere Hochschulen, an denen die professorale Mehrheit 50%+1 beträgt.

Es ist nicht nachvollziehbar, warum keine Ausschreibung stattfinden muss. Es wird dadurch Tür und Tor für Vetternwirtschaft und Bestechlichkeit geöffnet. Diese Regelung halten wir nicht nur für falsch, sondern für fahrlässig. Sie darf so auf keinen Fall Gesetz werden.

Zuletzt geben wir zu bedenken, dass Spitzenberufungen insbesondere bereits prestigeträchtigen Hochschulen zugutekommen werden. Andere Hochschulen erhalten eher noch einen Wettbewerbsnachteil, weil große Universitäten ihnen neues Personal streitig macht. Die Hochschullandschaft droht sich so noch mehr als bisher zu einem zwei-Klassen System zu entwickeln. Aufgabe der Landesregierung wäre es aber, gleichwertige Studienbedingungen an allen Hochschulen herzustellen.

Wir finden das Ziel, Berufungsverfahren zu beschleunigen, sehr wichtig. Es muss dafür allerdings eine allgemeine Verbesserung der Verfahren ohne demokratische Abstriche geben. Nicht nur, um Wissenschaftler*innen aus aller Welt zu werben, sondern vor allem, um jungen Wissenschaftler*innen, die eine Professur anstreben, mehr Sicherheit zu bieten. Wer auf einer prekären befristeten Stelle sitzt, besitzt nicht den Luxus, mehrere Jahre auf den Ausgang eines Verfahrens zu warten. Sonderverfahren können wir nur dann befürworten, wenn sie transparent ablaufen, ausgeschrieben werden und die Ermächtigung zur Durchführung von den normalerweise zuständigen Hochschullehrer*innen und anderen Statusgruppen in einer Abstimmung erteilt wird.

Probestudium

Wir begrüßen die Einführung eines Probestudiums als Erleichterung des Hochschulzugangs. Wir bitten darum, einen Evaluationsmechanismus für das Programm vorzusehen.

Studiengebühren

Das vermutlich gravierendste Versäumnis des 5. HRÄG Entwurfs ist die fehlende Abschaffung aller Studiengebühren. Bereits 2023 hat die Landesregierung verlautbaren lassen, dass insbesondere die Gebühren für Drittstaatler*innen nicht haltbar sind und dazu führen, dass weniger Internationals nach Baden-Württemberg kommen. Eine Entwicklung, die jede studentische Organisation vorhergesagt hat. Es besteht kein Grund, die Abschaffung nicht sofort vorzunehmen. Wenn tatsächlich bereits Konsens in der Landesregierung herrscht, so muss die Abschaffung auch im Haushalt für 2025 abgebildet werden. Denkbar wäre auch eine Übergangslösung z.B. die Aufhebung erst für das Sommersemester 2025 anzusetzen. Die einzige Stelle, die Studiengebühren anfasst zeigt, welcher Irrweg sie bleiben. Zwar ist die Versorgung mit Lehrer*innen direkte Aufgabe des Staats, dabei aber sicher nicht die einzige Branche mit erheblichem Fachkräftemangel.

Wir fordern die Landesregierung nachdrücklich auf, beide Arten der Gebühren umgehend ersatzlos zu streichen und den Hochschulen eventuell wegfallende Beträge zu ersetzen. Studiengebühren für Drittstaatler*innen bleiben rassistisch, diskriminierend und vollständig sinnlos. Auch Zweitstudiengebühren müssen ersatzlos gestrichen werden. Wer lebenslanges Lernen ernst nimmt, muss dafür auch den Weg (kosten)frei machen. Aber auch mit Blick auf Fachkräftemangel und sich schnell verändernde Branchen benötigen immer mehr Menschen eine neue Ausrichtung, sei es mit einem zusätzlichen Master, oder mit einem ganz neuen Studiengang.

Zu den Zuordnungen der Justiz und Polizeihochschulen

Wir haben Bedenken, dass unterschiedliche betreuende Ministerien unterschiedliche Rechtsauslegungen bedeuten, was wiederum zu unterschiedlichen Studienbedingungen führen kann und bitten, die Co-Zuständigkeit im MWK zu belassen.