*Dieser Beitrag wurde automatisch übernommen und ist keine Veröffentlichung der LAK Bremen.*
In fast jedem Studiengang, der ein Praktikum vorsieht, ist dieses als Pflichtpraktikum gestaltet. Viele Unternehmen, Vereine und staatliche Stellen akzeptieren ausschließlich Pflichtpraktikant*innen. Warum? Durch die explizite Ausnahme von Praktika, die im Rahmen eines Studiums absolviert werden, aus den Maßgaben des Berufsbildungsgesetzes (BBiG) haben studentische Praktikant*innen keinerlei Ansprüche auf Vergütung oder sonstige arbeitsrechtliche Vorteile. Selbst ein sogenanntes „freiwilliges“ Praktikum schützt nicht vor Ausbeutung: Für Praktika unter drei Monaten Dauer gilt der Mindestlohn nicht. Durch den Mangel an Qualitätssicherung studienbegleitender Praktika als tatsächliche Ausbildungsverhältnisse stellen Praktikant*innen deshalb oftmals eine kostengünstige Alternative zu korrekt entlohnten Angestellten dar.
Jährlich leisten so hunderttausende Studierende nicht nur unbezahlte oder willkürlich unterbezahlte Arbeit, sondern stehen auch vor der Herausforderung, neben einem Vollzeitpraktikum ihren Lebensunterhalt zu organisieren. In einer Zeit, in der zwei Drittel aller Studierenden auf mindestens einen Nebenjob angewiesen sind, ist die Existenz unbezahlter oder unterbezahlter Praktika ein Schlag ins Gesicht aller Auszubildenden. Praktika, die zusätzliche Anreise oder einen Umzug nötig machen, sind für viele deshalb nicht oder nur unter schwerster Belastung möglich.
Wir stellen fest, dass un- oder unterbezahlte Praktika eine erhebliche sozioökonomische Hürde im Studium darstellen und eine gleichwertige Ausbildung unmöglich machen, da die Wahl des Praktikumsplatzes noch stärker als die des Studienortes vom eigenen Geldbeutel abhängt. Wir stellen außerdem, wie bereits im Beschluss „14,50 € mindestens – ohne Ausnahme!“ von der 72. Mitgliederversammlung fest, dass jede arbeitende Person, auch in einem Ausbildungsverhältnis, ein Recht auf Bezahlung ihrer Arbeitskraft hat und mindestens ihr Lebensunterhalt gesichert sein muss.
Der fzs fordert deshalb:
Die Ausweitung der aktuell in Aushandlung befindlichen EU-Direktive auf ausbildungsbegleitende Praktika
Eine nachhaltige und bindende Umsetzung der Empfehlung des Rats der Europäischen Union zu Praktika, insbesondere der Empfehlung zur angemessenen Entlohnung
Eine Vergütung aller Praktikant*innen nach Mindestlohn, mindestens aber ein Ende der Ausnahme vom Geltungsbereich des Berufsbildungsgesetzes und die Sicherstellung der Finanzierbarkeit von Wohnung und Lebensunterhalt aller Praktikant*innen.
Die Sicherstellung und Überprüfung von Qualitätsmerkmalen in studienbegleitenden Praktika, die eine effektive Lernerfahrung garantieren.
Effektive Maßnahmen zur Verhinderung der Ersetzung regulärer Stellen mit Praktikant*innen.
Tarifverträge für alle Praktikant*innen mit fairen Arbeitsbedingungen.
Die Umsetzung entsprechender Maßnahmen für Praktika in Behörden noch vor Rechtsänderungen, um der Vorbildfunktion des öffentlichen Sektors gerecht zu werden.
Die Amtsträger*innen des fzs werden beauftragt, politische Möglichkeiten auszuloten und in Richtung der Forderungen zu lobbyieren.
Antrag 74MV-I02 „Unbezahlte Praktika beenden“ beschlossen auf 74. Mitgliederversammlung